Homöopathische Kur zu Wechseljahresbeschwerden

Wissenschaftliche Information

Im Rahmen des klimakterischen Syndroms werden neurovegetatlve und psychische Symptome von einer großen Zahl von Frauen in der 5. und 6. Lebensdekade berichtet. Dabei wird der sich hieraus ergebende Leidensdruck von über 70 % dieser Frauen als wesentlich belastend empfunden. Obwohl die Ursachen nicht vollständig bekannt sind, weisen die teils deutlich spürbaren Veränderungen auf eine komplexe Kombination aus psychologischen Symptomen wie Reizbarkeit, aggressives Verhalten, Angstgefühle und depressive Gedanken, aber auch auf körperliche Beschwerden hin, wie dem Gefühl des Aufgeblähtseins, der Anspannungen in den Brüsten und krampfartiger Schmerzen [1] Veränderungen im Hormonhaushalt sowie Verschiebungen auf der Ebene verschiedener Neurotransmitter und des Prostaglandinstoffwechsels werden diskutiert. Die Bereitschaft zu einer Hormonersatz- oder sonstigen Langzeittherapie unter den Patientinnen ist jedoch eher gering, nicht zuletzt durch immer wieder negativ belastete Forschungsergebnisse. Dennoch scheinen sich die therapeutischen Möglichkeiten auf eine Modulation des Hormonsystems entweder mittels Hormonersatztherapie oder anderer chemisch-synthetischer Substanzen zu konzentrieren. Die Indikationsstellung für den Einsatz entsprechender Arzneimittel ergibt sich aus der differenzierten Betrachtung der gesamtgesundheitlichen Konstitution und der Kondition der Patientinnen. Eine homöopathische Kur zur Behandlung von Wechseljahrbeschwerden sollte zur Abmilderung klimakterischer Ausfallerscheinungen und insbesondere einer Regulierung der Östrogensekretion dienen, um vor allem den belastenden vegetativen und metabolischen Dysfunktionen entgegenzuwirken. Homöopathische Arzneimittel wie Hormeel SN, Cimicifuga-Injeel forte S, Ignatia-Injeel forte S und Hypophysis suis-lnjeel haben sich hier bewährt. So konnten in die Suche nach Alternativen zur Hormonersatztherapie auch Ergebnisse aus der Arzneipflanzen forschung einbezogen werden: Der Wirkungsmechanismus von Cimicifuga racemosa (In Cimicifuga-Injeel forte S) könnte mit einer selektiven Östrogen-Rezeptormodulation in Verbindung stehen, die sich auf einige östrogensensitive Organe auswirkt, und zwar ohne direkten Einfluss auf luteinisierende Hormone (LH) zu nehmen. Wie in experimentellen Untersuchungen gezeigt werden konnte, scheint Cimicifuga wesentlich zu einer LH-Suppression beizutragen und darüber hinaus im Knochenmark Osteoporose zu verhindern [2]. Neben dem direkten Angriff auf Östrogen-Rezeptoren könnten auch Bindungen an zentrale Opiatrezeptoren oder b-Endorphine und neuroaktive Flavonoide aus der Pflanze, die bereits in anderen Phytopharmaka gefunden wurden, hierbei eine Rolle spielen. Dass Strychnos ignatii Samen (ignatia-lnjeel forte S) schon in der Volksmedizin bei klimakterischen Beschwerden eingesetzt wurden, mag auf die spezifischen Wirkqualitäten von Strychnin und Brucin zurückgehen, die als Antagonisten des Neurotransmitters Glycin charakterisiert werden können [3]. Offensichtlich erfolgen ihre Bindungen, ähnlich Glycin, an separaten Rezeptoren der Renshaw-Zellen, den inhibitorischen Interneuronen im Vorderhorn des Rückenmarks. Die beiden Alkaloide heben die durch Glycin ausgelöste, hemmende Wirkung auf, so dass bei gleichzeitigem Reizeinstrom verstärkte motorische Reaktionen resultieren, die den Uterus und die angrenzenden Gewebe tonisieren. Regulierenden Einfluss sowie Wirkungen auf die Prostaglandinsynthese könnten andererseits auch von den in Hormeel SN enthaltenen Bestandteilen Myristica fragrans und Pulsatilla pratensis ausgehen: Grundsätzlich hemmt das aus Pulsatilla isolierte Protoanemonin die Motilität; ob es sich hierbei, wie für Myristica fragrans angenommen, um die Beobachtung einer sedierenden Wirkung handelt oder ob die Motilitätshemmung auf eine lokale Reizwirkung (Schmerzvermeidungsreaktion) zurückzuführen ist, muss weiter untersucht werden [4]. Gleichfalls könnte sich die Anregung der entzündungshemmenden Wirkung durch Conyza canadensis und Myristica fragrans deutlich auf die Prostaglandinsynthese auswirken, indem durch die Abschwächung möglicher Uteruskontraktionen für eine generelle Entspannung und Entkrampfung gesorgt werden könnte [5].

Literatur
Liske E. et al. Phytopharmaka VI, Steinkopf-Verlag (2000)
Wuttke W. et al., Maturitas 2003 ; 44(Suppl 1) :9-20
Barron S, Guth PS Trend Pharmacol 1987; 8:204-206
Martin ML et al., J Ethnopharmacol 1988; 24 :185-191
Hagers Handbuch der Drogen und Arzneistoffe – Hager ROM 2002